Laut Beschluss vom 8.4.2021 hat das Familiengericht Weimar den Schulen zweier Kinder untersagt, das Tragen von Masken, das Einhalten von Mindestabständen und die Teilnahme an Schnelltests anzuordnen und die zugrundeliegenden Rechtsverordnungen für verfassungswidrig erklärt. Der Beschluss ist auf mehr als 170 Seiten sehr ausführlich begründet und durch drei Sachverständigen-Gutachten untermauert worden. Dieser Beschluss hat bundesweit für Aufregung gesorgt. Das Familiengericht in Weilheim hat am 13. April einen ähnlichen Beschluss gefasst. Andere Familiengerichte wie die in München, Wittenberg oder Waldshut-Tiegen haben sich in ähnlichen Fällen in der Regel für nicht zuständig erklärt.
Eltern, die ihre Kinder durch die Aufhebung der Maßnahmen gefährdet sahen, haben Strafanzeige gegen den Richter gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung eingeleitet. Sie sah Anhaltspunkte dafür, dass der Richter „willkürlich seine Zuständigkeit angenommen hat, obwohl es sich um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit handelte, für die ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist“. Am 26. April hat sie das Dienstzimmer, die Privatwohnung und das Auto des Familienrichters am AG Weimar durchsucht und das Handy und „weitere Beweismittel“ des Richters beschlagnahmt.
Am 12.4.2021 hat der Freistaat Thüringen gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel einer Beschwerde setzt aber voraus, „dass zunächst Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt wird“.1. Der Freistaat vertrat aber die Ansicht, dass eine Beschwerde auch ohne vorherige Durchführung einer mündlichen Verhandlung zulässig sei, weil das Familiengericht gar nicht zuständig war. Das OLG Jena hat die Beschwerde angenommen und am 14.5.2021 den Beschluss des Amtsgerichts Weimar aufgehoben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 25.6.2021 entschieden, dass Familiengerichte sehr wohl zuständig für Entscheidungen gegen Schulen über Kindesgefährdungen wegen dort geltender Corona-Schutzmaßnahmen sind.
Jetzt hätte man erwarten müssen, dass sowohl der Freistaat Thüringen und die Staatsanwaltschaft als auch das OLG Jena sich beim Weimarer Richter entschuldigen und der ursprüngliche Beschluss wieder für gültig erklärt wird. (Das wird er evtl. ohnehin, da das Hauptverfahren beim Weimarer Gericht ja noch läuft).
Laut Pressemitteilung des Anwalts des Richters hat aber am 29. Juni ein zweites Mal eine Hausdurchsuchung beim Weimarer Richter stattgefunden, beim dem wieder sein Handy und sein Notebook beschlagnahmt wurde. Außerdem fanden demnach weitere Durchsuchungen bei einem zweiten Weimarer Richter, allen drei Sachverständigen, der Klägerin und ihrer Rechtsanwältin statt. Wieder wurde als Begründung die fehlende Zuständigkeit des Gerichts aufgeführt.
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